Die Auslandsreise des Kreuzers Karlsruhe 1934 -1935          

 

Dieses Fotoalbum ist ein bemerkenswerte Zeitdokument, das ich aus einem Nachlass übernommen habe. 

Dieser junge Matrose schrieb ein privates Tagebuch, aus dem ich Teile den einzelnen Seiten zugeordnet habe. (noch nicht vollständig - ein Essay wird folgen)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Leichte Kreuzer  Karlsruhe war ein deutsches Kriegsschiff, das für die Reichsmarine der Weimarer Republik erbaut und später durch die Kriegsmarine im Zweiten Weltkrieg eingesetzt wurde.

Der Kreuzer lief am 20. August 1927 bei Deutsche Werke, Kiel vom Stapel und diente von Mai 1930 bis Juni 1936 für die Inspektion des Bildungswesens der Marine fast ausschließlich für Offiziersanwärter als Schulschiff. 

Am 9. April 1940 im Skagerrak gelang einem britischen U-Boot  ein Torpedotreffer, der die Karlsruhe manöverierunfähig machte. Nachdem die Besatzung gerettet war, versenkte die Deutsche Marine das Schiff.

Quelle: Wikipedia.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

22.10.34 Kiel

Es ist ein feuchtkalter Herbstmorgen. Ich komme von Annemie, noch ganz erfüllt von ihrer tapferen Zärtlichkeit, melde mich an Bord und muss gleich als Posten am Tor aufziehen. Punkt 10 werfen wir die Leinen los. 

Die Ehrenkompanie präsentiert ein endloses Tücherschwenkenauf dem ganzen Hindenburg-Damm und auf den Brücken, die Ufa-Wochenschau filmt eifrig, unsere Bordkapelle spielt den "Badenweiler", das Deutschland- und Horst-Wessel-Lied. 

In der Nähe der Hafenausfahrt passieren wir das Segelschulschiff "Gorch Fock. Es hat uns zu Ehren voll gebrasst, die Besatzung entert in die Wanten auf und verabschiedet uns mit drei Hurrahs. Weiter draußen passieren wir unser Schwesterschiff die "Königsberg". Auch hier drei Hurrahs. Als letztes Zeichen unserer deutschen Wehrhaftigkeit kommt uns der Kreuzer "Emden" entgegen. Auch hier Paradeaufstellung, drei Hurrahs und die Signale "Frohe Fahrt" und "Gückliche Heimkehr"

... aber dann wollen sich die Kleinsten der deutschen Flotte verabschieden. In brausender Fahrt mit hoher Bugwelle, man hört nur das Singen der Hochleistungsmotoren, überholen uns und fahren dann ein schneidiges Durchbruchmanöver dicht unter unserem Heck. Ununterbrochen signalisieren sie uns Abschiedsgrüße. Ein ganz fabelhaftes Bild.

In der Nacht umfahren wir Skagen. Ich ziehe als Posten 'Rettungsboje' auf. Ein sehr wichtiges Amt, denn er ist derjenige, der sein Augenmerk stets nach achtern ins Wasser richten muss, um auf außenbords gegangene Kameraden zu achten.

23.10.34 In See
Am anderen Morgen fahren wir immer noch an Dänemarks Küste entlang. Gegen Mittag wird ie Dünung stärker. Wir haben Nordseewasser vor dem Bug. Unser Schiff hebt sich langsam und regelmäßig als ob es atmet. Nachmittags haben wir die ersten Seekranken. Auch ich habe zu leiden. Bin froh, als nach der Ronde (Kontrollgang) "Klar bei den Hängematten" gepfiffen wird. 

 

24.10.34 In See
Der Himmel ist klar. Mein Befinden hat sich gebessert. Meine ersten Gedanken beim Erwachen sind bei Annemarie. Ich habe eine große Sehnsucht und vermissse ihre zärtliche Fürsorge.

Der Morgen vergeht im strammen Gefechtsdienst. Gegen Mittag sichten wir das Terschelling Feuerschiff. Die Schiffsuhren werden täglich eine halbe stunde zurück gestellt. Langsam nähern wir uns dem Eingang des Kanals. Wir fahren schon seit gestern mit Marschturbinen und einer steten Fahrstufe von 12 Seemeilen. Ganz phantastisch sieht das Meer bei Mondschein aus. Das bleiche Licht bricht sich in der Unendlichkeit des Meeres. Wie schön muss so eine Nacht erst in den Tropen sein!

 

25.10.34 In See
Im Laufe des Morgens passieren wir die Meerenge Dover-Calais. Der heutige Tag fängt gut an. Gleich beim Wecken werde ich zum Hängemattenstauen verdonnert, weil ich mich im Waschraum gewaschen habe. Wir müssen unsere Bullaugen geschlossen halten. Gegen Abend erwartet man dicke Brocken, aber die Sonne scheint noch. Plötzlich wird durchgepfiffen "die 'Bremen' voraus in Sicht", und schon rauscht das stolze Schiff an uns vorüber. Von beiden Seiten wird eifrig gewinkt und geknipst. Am Nachmittag beobachte ich von meinem Posten 3 englische U-Boote, einen Zerstörer und zwei Marineflieger. Es waren die ersten U-Boote, die ich je gesehen habe.

Die See wird immer gröber. Strecktaue werden gespannt, die Panzerblenden vorgemacht und verboten, das Oberdeck zu betreten. Die ersten Brecher gehen schon über die Schanze. Ich glaube, man kann auch auf unseren Kreuzern von Seefahrt sprechen.

 

26.10.34 In See
Heute morgen fahren wir an der Südspitze Englands und den Skilly Inseln vorbei. Nur gut, dass das Stürmchen gestern Abend und heute Nacht ziemlich rasch wieder abflaute. Beim Gefechtsdienst umfliegt uns ein schwerer englischer Bomber. Die Dünung ist gewaltig. Das Meer sieht ganz ruhig aus, doch schlingern wir derart stark, dass die Seitendecks und die Schanze zeiweise Wasser übernehmen.

 

27.10.34 In See
Das Schlingern hält an. Beim Essen ist das der reinste Zirkus. Wenn man nicht aufpasst, wandert das Backsgeschirr und die Esswaren im Deck umher.

Der Pfarrer hielt uns heute einen Vortrag über die Azoren. Er führte u.a. aus, dass ihnen in Zukunft eine wichtige Rolle im Transatlantischen Fluverkehr zufällt. Damit wird auch wohl unser Besuch zusammenhängen, denn sonst sind die Inseln aller Wahrscheinlichkeit ziemlich unbedeutend.

 

28.10.34 In See
Heute Morgen war der Gottesdienst schlicht und schön. Das Schiff musste beidrehen, um einigermaßen ruhig zu liegen. Später gingen wir wieder auf alten Kurs und sind noch etwa 550 Seemeilen von den Azoren entfert. Bei meinen Kameraden sind die letzten Kieler Erlebnisse durchgesprochen, und sie befassen sich schon mit unseren kommenden Reisezielen, mit unserem ersten Hafen Ponta Elgada. Ein klangvoller Name heißt in der Übersetzung nur 'enge Brücke'.

Ein Heizer erzählte uns im Vertrauen, dass die Maschinen ziemlich viel repariert werden müssen. Ich glaube, im Laufe der Reise werden wir noch viel Ärger damit haben. Gegen Mittag waren wir auf der Höhe von Finisterre.

29.10.34 In See
Ab heute ist wieder weiße Mütze angeordnet. Die Temperatur ist wie in Deutschland im Hochsommer. Seit dem Morgen fahren wir schon mit 'Max und Moritz', unseren Ölmotoren, und machen kaum Fahrt. Mittags waren wir auf der Höhe von Lissabon.

 

30.10.34 In See
Wir umfahren langsam die Insel San Miguel, die wir morgen anlaufen werden. Schon von früh an großes Reinschiff und Malen. Manchmal kommt mir diese aufgeregte Bienenfleißigkeit ein wenig lächerlich vor, besonders wenn man einen Vorgesetzten hat, der stets die Übersicht verliert und nun seine Unsicherheit durch ein besonders großes Mundwerk auszugleichen versucht.

 

31.10.34 - 06.11.34 Ponta Delgada (Azoren)
Gegen 10 Uhr fuhren wir in den Hafen von Ponta Delgada ein, Nachdem beim Passieren der Festung der übliche Landessalut von 21 Schuss gewechselt worden war. Das Manöver beim Festmachen gestaltete sich ziemlich schwierig, da infolge unserer Länge der Platz zwischen den Bojen nicht reichte.

Nach Klar Deck machte sich natürlich alles auf dem schnellseten Wege landfein und dann an Land. Was dieses Nest bietet ist mit einer deutschen Kleinstadt zu vergleichen, nur dass das Lasterleben viel ausgeprägter ist, natürlich als Hafenort mit spanischem Einschlag. Ich war wieder früh an Bord.

 

1.11.34 Ponta Delgada
Trotzdem ging ich heute wieder an Land. Es war Allerheiligen und ich besuchte eine Kirche. Ich war von deer Pracht innen geblendet. Alles strotzte von Gold. Später geriet ich mit einigen Kameraden unversehens in so eine Art Musikjünglingsklub. Wir verständigten uns auf primitive Art durch Zeichensprache und die Jungen gaben sich Mühe, uns von ihren musikalischen Qualitäten zu überzeugen. Zum Dank sangen auch wir einige Lieder: 'Blau ist das Meer' u.s.w. Sonnabend sollen sie uns an Bord besuchen, denn sie haben einen netten Eindruck gemacht. Junge Mädchen sieht man eigegenartigerweise nur in Begleitung ihrer Eltern oder ihrer Brüder.

2.11.34 Ponta Delgada
Unsere Division besuchte heute eine Ananasplantage. Auf dem Weg durch's Städtchen wurde kräftig gesungen, was auch seine Wirkung bei den Leuten nicht verfehlte.

 

3.11.34 Ponta Delgada
Während der Besuchszeit auf dem Schiff konnte ich die Leute beobachten. Schlechte Manieren haben sie alle, spucken überall hin und laufen durchweg barfuß. Aber bei den Melizsoldaten sieht man manch schmuckes Kerlchen, doch keine Spur von miltärischem Schliff.

 

4.11.34 Ponta Delgada
Heute wollte ich meine letzten Eskudos in Wein umsetzen. Ist mir leider nicht gelungen, denn in dem 'National Cafe' waren so viele nette junge Leute, die unbedingt für uns bezahlen wollten. Zum Schluss hatten wir alle einen anständigen Schwipps.

 

5.11.34 Ponta Delgada
Der Wein ist gut, aber man hat am nächsten Tag einen Brummschädel. Die Jungens sind unsere Freunde geworden. Heute abend haben sie uns wieder eingeladen. Es war ganz unterhaltsam, denn wir machten so eine Art improvisierten Sprachunterricht. Als es auf 12 Uhr ging schenkten sie uns noch eine gute Flasche Wein und unter vielen Umarmungen, wie es hier so Sitte ist, verabschiedeten sie sich von uns.

 

6.11.34 Ponta Delgada
Für 9 Uhr war seeklar befohlen. Unsere Freunde fuhren noch einmal ums Schiff und wünschten 'Gute Reise'. Das Auslaufen war weniger feierlich, denn es goss in Strömen. Kaum hatten wir den freien Atlantik erreicht, so schaukelten wir schon wieder, dass es eine Freude ist.

 

In See 7. Nov.
Für die kommenden 9 Tage haben wir wieder das endlose Meer um uns und den immer wechselnden Himmel über uns.

 

In See 8. Nov.
Heute wurden wir schon zum zweiten Mal gegen Typhus geimpft. Es ist sehr schmerzhaft. Verschiedene Kameraden wurden auch ohnmächtig. Wahrscheinlich waren sie vorher seekrank und weniger widerstandsfähig. Die Uhr wurde wieder zurückgestellt. Gegenüber Deutschland geht sie jetzt 4 Stunden nach.

 

In See 9. Nov.
Heute ist großes Malen der Aufbauten. Die Wärme wird immer größer. Unter Deck ist Anzug Sportzeug befohlen. Scharen fliegender Fische begleiten uns. Sie sind von der Größe her mit Heringen zu vergleichen.

 

In See 10. Nov.
Im Laufe der Nacht überschritten wir den Wendekrreis des Krebses, haben also damit die subtropische Zone erreicht. Es wird ab heute nur noch Sportzeug getragen, nur abends noch Arbeitszeug. Wegen eines verbummelten Pinsels wurde ich zum Freiwilligen Arbeitsdienst' eingeteilt. 'Lerne leiden, ohne zu klagen'. Abends werden uns Tonfilme belehrenden Inhalts gezeigt.

 

In See 11. Nov.
Unsere Seewasserdusche wurde heute in Betrieb genommen. Bei dieser Hitze ist es eine angenehme Abkühlung. Der Nachmittag wurde zu ausgiebigen Sonnenbädernausgenutzt. Die ersten 'Neger' sind schon stolz auf ihre Farbe.

 

In See 12. Nov.
Gerade waren wir mit Außenbordsmalen fertig, da sichtete ein Kamerad einen Hai auf Steuerbordseite. Alles stürzte an die Reeling, um den gefährlichen Burschen zu sehen. Und richtig, da schwamm das Ungeheuer. Ein gelinder Schauer lief mir über den Rücken, als ich an die schon gelesenen Geschichten dachte, die seine Gefährlichkeit schilderten.

 

In See 13. Nov.
Seit drei Tagen fahren wir schon mit 'Max und Moritz', den Ölmotoren, und haben dadurch nicht allzu viel Seemeilen hinter uns gelassen.

Bei einer kleinen Differenz mit einem Unteroffizier musste ich einmal wieder feststellen, dass der kleine Mann kein Recht bekommt, mag der Sachverhalt noch so klar sein.

 

In See 14. Nov.
Gegen Nachmittag 4 Uhr kreuzten wir die Stelle, an der die erste 'Karlruhe' am 4. Nov. 1914 nach sehr erfolgsreicher Kriegsfahrt durch einen ungeklärten Unfall in zwei Teile gerissen und kurze Zeit darauf versank. Bei der schlichten Gedenkstunde führte uns der Komandant die historischen Tatsachen vor Augen und schloss daran einige eigene Gedanken. Unser Alte redete sich dabei richtig warm, so wie wir ihn noch nicht gehört haben. Er gefiel mir sehr gut. Dann wurde unter den Klängen von "Ich hatt' einen Kameraden" feierlich ein Lorbeerkranz versenkt.

 

In See 15. Nov.
Fast zur gleichen Zeit mit der Sichtung des ersten Dampfers auf diesem Seetörn fiel auch die Sichtung der Insel Trinidad zusammen.

 

Trinidad Port Of Spain (Britisch) 16.11. - 21.11.34

Port Of Spain 16. Nov.
Unter dem üblichen feierlichen Zeremoniell, Paradeaufstellung, Salut u.s.w. liefen wir in die Bucht von Port of Spain ein. Wir ankern ziemlich weit draußen. Schon umschwärmen uns die Händler  in ihren leichten Booten mit allerlei Krimskrams und Obst. Es sind durchweg Neger in den Farbschattierungen von hellbraun bis violettschwarz. Sie sind der überwiegende Teil der Bevökerung, daneben sind aber auch Chinesen und Juden nicht zu übersehen. Der englische Einfluss ist unverkennbar. Es sind aubere Straßen, auch in den Neger- und Chinesenvierteln und im Europäerviertel, dem sog. "Savannah", großartige Anlagen, Gärten, Sportplätze und Gebäude. 

Es wird nur englisch gesprochen. Ich kann die Leute immer besser verstehen und meine Englischkenntnisse vervollkommenen. Den Abend verbrachten wir im 'Sailors and Soldiers Club' recht nett im Kreise einiger junger Damen aus den europäischen Familien. Morgen abend ist eine Festlichkeit. Ich werde nicht fehlen. 

Port Of Spain 17. Nov.
Bei einem Fußballwettkampf, dem ich am Nachmittag zusah, konnte ich so richtig das Temperament der Bevölkerung kennenlernen. Bei dem Tanzabend im Sailors Club konnten nicht alle Kameraden auf ihre Kosten kommen, es waren zu viele Seeleute und zu wenig Mädels da. Ich lernte aber die Frau kennen, an die ich bei der Erinnerung an Port of Spain immer denken werde. Sie heißt Barbara und erinnert mich in vielem an Annemarie. Hier wie da das Temperament, das dunkle Haar, nur ist Barbara noch schlanker und zierlicher. Es ist eigentlich merkwürdig, wie viel man mit einem Händedruck und Blick der Augen sagen kann. Ich sah ein, dass diese Freundschaft nicht von langer Dauer sein konnte, denn nach Trinidad werde ich nie wieder kommen. 

Port Of Spain 18. Nov.
Mehr als es in meiner Absicht lag, habe ich mich von dem reizvollen Fluidum Barbaras fesseln lassen. Heute tauschten wir Souveniers und unsere Adressen. Ich bin glücklich, noch längere Zeit mit Barbara korrespondieren zu können. Sie versprach mir, zu Weihnachten ein großes Bild von sich zu schicken.

 

Port Of Spain 19. Nov.
Damit ich nicht vergesse, dass ich nicht zu Besuch bei der Marine bin, musste ich heute an Bord bleiben und Wache gehen. Ich musste hier die interessante Feststellung machen, dass wir von einem englischen Öldampfer Öl bekommen, obwohl wir gestern von einem deutschen schon Betriebsstoff bekamen. Wir sind nun für einen langen Seetörn gerüstet und haben bis zur Wasserlinie geladen.

Port Of Spain 20. Nov. 34
Ganz unerwartet wurde bekannt gemacht, dass wir schon heute abend 8 Uhr auslaufen. Ich bedaure das umso mehr, dass ich mich nicht mehr von Barbara verabschhieden kann. Es gelang mir, mich wenigstens telefonisch von ihr zu verabschieden. Die letzten Gäste sind an Land gegangen, denn heute nachmittag war noch ein großes Bordfest. Die Anker sind gelichtet und nun versinkt Trinidad langsam im Dunkel der Nacht. Port of Spain ist sehr schön, aber von den vielen Eindrücken ein bleibender: Barbara.

 

In See 21. Nov. 34
 Der Grund für die frühe Ausfahrt von Port of Spain ist, dass wir nun den Hafen von Fernando Noronha nicht anlaufen sondern gleich nach Rio de Janeiro gehen und den schönsten Hafen der Welt kennen lernen. Es ist doch etwas anderes, wenn man weiß, eine Weltstadt winkt als Ziel oder ein ödes Nest. Diese Stimmung wirkt sich auf alles aus, auf den Dienst und auf die Freizeit.

 

In See 22. Nov. 34
 Zwei Tage nach der Ausfahrt habe ich mit der Seekrankheit zu kämpfen, ganz gleich, ob das Schiff schlingert oder nicht. Bei nüchterner Betrachtung muss ich heute feststellen, dass mein Tun und Lassen an Land keinen Gedanken an die Heimat beeinflusst. Ich freue mich darüber.

 

In See 23. Nov. 34
Wir nähern uns dem Äquator und damit auch der berühmten Linientaufe. An den Befehlstafeln hängen in kurz wechselnden Zeitspannen die berüchtigten Unterwassertelegramme aus dem Kristallpalast. Sie geben bekannt, dass dem armen Sünder, der durch ein unvorsichtiges Wort, oder sonst etwas gegen Neptun und seinen Getreuen der "Sonderfall" zudiktiert worden ist. Das bedeutet nichts anderes, als dass der Unglücksrabe bei der Taufe besonders "verarztet" wird. 

 

In See 24. Nov. 34
Neptun ließ sich heute durch seinen Admiral Triton für kommenden Montag anmelden. Er wurde mit allen Ehren, die einem Admiral zukommen, empfangen. Nur auf den Salut wurde verzichtet, weil der hohe Herr das Knallen nicht vertragen könne. Der Admiral schritt die Fronten ab, begleitet von seinem Adjudanten und seinem Bootsmaat der Wache, sowie zwei Negern, alle phantastisch aufgeputzt. Die Neger hatten die Aufgabe, Pillen zu verteilen und nebebei die Gesichter mit Schuhkreme zu verschönen. Letzterem kamen sie mit besonders liebevoller Sorgfalt nach und mancher kannte sich späterhin kaum im Spiegel wieder. Bei "Alle Mann Achteraus" überreichte der Admiral dem Kommandanten ein Schreibenvon Neptun. Der Käpten dankte seiner allerfeuchtesten Majestät nebst Gattin in wohlgemessenen Worten und ließ durch Admiral Triton seiner Majestät sagen, wie angenehm der Besuch wäre.

Ein besonderes Vergnügen war für uns zu sehen, wie der Admiral unserem Alten jovial auf die Schulter klopfte und des öfteren "mein lieber Lüdjens" zu ihm sagte. In Wirklichkeit ist der Admiral ein Obermaat. Durch die Ansprache wurdde Triton durstig und verlangte nach einem Schluck Seewasser. Diesen hatten wir nicht an Bord, dafür aber Bier. Der Admiral war nicht abgeneigt. Als er und seine Begleiter von Bord gingen, waren sie ganz toll bezecht und fanden kaum den Weg zum Chefboot "Schweinsfisch".

   

In See 25. Nov. 34
Heute ist Totensonntag. Beim Gottesdienst sagte unser Pfarrer, der nebenbei auch ein "Sonderfall" ist, sehr schöne Worte über das Sterben und das Verhältnis des Soldaten dazu. Am Nachmittag passierten wir den Äquator. Im Schiff wurde ausgepfiffen"Steuerbord voraus Linie in Sicht", aber man sah nur verständnisvoll lächelnde Gesichter und keiner fiel darauf herein.

 

In See 26. Nov. 34
Der große Tag der Linientaufe ist nun da. Um 9 Uhr erschien Neptun nebst Gattin Thetis und Gefolge, als da sind, der Barbier, der Zahnarzt, der Astronom, der Aktuar, der Pastor, der Polizeihauptmann nebst Polizisten und die vielen Trabanten und Neger. Natürlich fehlte auch Admirl Triton nicht. Feierlich schritt Neptun mit langem wallenden Barte und dem Dreizack in der Linken die Front ab. Am rechten Arm führte er Tethis, seine herrliche Gemahlin, angetan mit seidenen Gewändern und sonst allem, was zu einer Frau gehört. - Ich möchte gerne wissen, woher die ganzen Sachen stammen, denn bei unsererAusfahrt haben wir nichts dergleichen an Bord gehabt. - Voran schritt die Musik, ein ganz merkwürdiges Konzert aufführend. Dann folgten die vielen Angehörigen des Hofstaats. Am unangenehmsten machten sich die Polizisten und Neger bemerkbar. Diese teilten Hiebe aus, wenn sie lächelnde Mienen sahen. Jene "arbeiteten" wieder mit großen Mengen Schuhfett. Als etwas Neues verteilten sie "Schnäpse", reinstes Torpedoöl. Im Topp flatterte Neptuns Herrscherstander, gelb gerändert mit einem Dreizack, noch ganz nass, weil doch eben erst der Meeresgott seinen Fluten enstiegen war. Unser Anzug war nur eine Sporthose. Man sah manches blasse, aber gefasste Gesicht. Auf der Schanze war ein Thron mit Baldachin errichtet worden. Auch das Taufbecken und der Luftsack, durch den die Täuflinge kriechen mussten, ist nicht zu übersehen. 

Neptun hielt, nachdem er sein Volk sich um ihn gruppiert hatte, eine Rede in dichterischer Form. Er bewillkommnente uns und brachte dann weiterhin seine Freude über den Besuch  unseres, eines deutschen Kriegsschiffes zum Ausdruck. Bei der Ordensverteilung für Offiziere und Oberfeldwebel wurde in manch launigen Versen die Schwächen ihrer Träger ironisiert.

 Dann ging es an den Hauptspaß des Tages, an die eigentliche Taufe. Ein Spaß natürlich für die Zuschauer, für die Täuflinge entschieden weniger. Auf den Rand des Taufbeckens gesetzt, in dem schon freudestrahlend die Neger planschten, wurde der Ärmste mit einem großen Schrubber eingeseift, rasiert, frisiert, gekämmt, der "altbacksche" Zahn wurde gezogen, Pillen in den Schlund gesteckt, ein großer Löffel Torpedoöl darüber gegossen und der Mund mit einem Schlag Senf geschlossen. Noch nach Luft ringend, flog er durch einen kräftigen Stoß rücklings ins Becken. Hier nahmen ihn die Neger in Empfang. Auf und nieder ging es, bis ihm Hören und Sehen verging. Dann wurde das Würmchen, denn das war er inzwischen geworden, durch einen kräftigen Schwung in den Luftsack befördert, begleitet vom scharfen Strahl des Feuerlöschschlauches. Wenn auch sonst nie Druck auf der Leitung war, hier aber totsicher. Hatte er sich nun durch diesen engen Aparat gearbeitet, so war der Empfang auf der anderen Seite auch der Stahl eines Feuerlöschers. Ganz benommen taumelte der Täufling herum, bekam dann zur Stärkung, die wirklich nötig war, einen guten Schnaps und die Sache war überstanden. Man war aber auch derartig "fertig", dass man nichts mehr sehen und hören wollte und nur nach Ruhe verlangte.

Bis so etwa 300 Mann getauft sind, war es nachmittag. Der Durst aller war sehr groß geworden, und das Fest endete mit einer großen "Saufing". Seine allerfeuchteste Majestät ging heimlich und leise von Bord, damit die schwere Schlagseite nicht so bemerkt wurde. Ja, wenn man nur Seewasser zu trinken gewöhnt ist, soll man mit deutschem Bier vorsichtig sein!

Das Wetter war wieder tropisch geworden, und glühend brannte die Sonne aufs Wasser, das die Strahlen noch verstärkte.

 

In See 27. Nov. 34
Der Dienst geht in seinen altgewohnten Formen weiter. Die Sonne steht fast senkrecht am Himmel. Leute mit empfindlicher Haut haben im Augenblick einen Sonnenbrand. Etwas später läßt sich die Haut in Streifen abziehen.

 

In See 28. Nov. 34
Heute umfuhren wir die östlichst Ecke Südamerikas. Das Land war gut zu sehen. Durchs Glas war aber nichts weiter als Urwald auszumachen und im Hintergrund einige blassblau schimmernde Berge. Beim Loten hatten wir 57 m und einige Minuten später 3780 m. Dieser Seetörn ist ungefähr 3500 sm, der längste, den wir bisher hatten. Die Stimmung an Bord ist gut, es fehlt uns auch an nichts, denn es freut sich alles auf Rio. Sonnabend laufen wir ein, bleiben aber leider nur 4 Tage im Hafen.

 

In See 29. Nov. 34
Die Hitze ist sehr groß, wir nähern uns auch einer der heißesten Gegenden der Erde, dem Hafen Bahia. Einige Frachtdamper unter englischer Flagge kamen uns entgegen. Unwillkürlich dachte ich an die "Kaperfahrten" der alten "Karlsruhe" und der "Emden". Nachts haben wir hier einen herrlichen Sternenhimmel. Leider kenne ich aber keine Sternbilder und kann mich deshalb nur so an dieser glitzernden Pracht freuen.

 

In See 30. Nov. 34
Um Mittag stand die Sonne senkrecht über uns. Nichts warf einen seitlichen Schatten. Gegen Abend wurde es plötzlich kühl, es regnete und leichter Seegang kam auf.

 

Rio de Janeiro 1. Dez. 34
Es war fast so, als ob Neptun uns noch ein wenig durchschaukeln wollte, ehe wir in den Hafen von Tio einliefen. Das Wetter ist schlecht, Regen und Wolken verdeckten die Schönheiten des Hafens. Der "Zuckerhut" hat sichauch in Wolken gehüllt. Es ist eine Weltstadt. Man sieht es schon an den vielen Dampfern und Seglern, die an den Kais und Bojen liegen. Die Schiffe der brsanischen Flotte liegen teils an Bojen, teils in der Werft, sehen aber alle nicht gut aus. Einer der neuesten amerikanischen Kreuzer mit ziemlich wuchtigen Aufbauten der Flugzeugkatapultanlage liegt an der Pier. Auch wir machen an der Pier fest, seit einem Monat das erste Mal. Das deutsche Segelschulschiff "Deutschland" ist auch gestern abend hier eingelaufen. Es liegt aber weiter zurück, so dass wir es noch nicht gesehen haben.

Die Stad ist großzügig angelegt - auffallend die großen Königspalmen. An vielen Häusern sieht man deutsche Flaggen, und ebenfalls gibt es uns zu Ehren eine Reihe Veranstaltungen in deutschen Clubs. Auf einem Bummel haben wir schon einige Deutsche kennen gelernt. Bei einem guten Glas Bier gibt viel zu erzählen. Dann machten wir eine Fahrt im Auto durch die Straßen, durch Rios weltbekanntes Lasterviertel.

Rio de Janeiro 2. Dez. 34
Vormittags wurde am Denkmal irgendeines ollen Seehelden ein Kranz niedergelegt. Aber dass bei dieser Wärme Anzug blau befohlen war, war ein Unding. Nachmittags gingen wir zum Tanztee beim deutschen Gesangverein "Lyra", und abends waren wir abgeteilt zu einer Veranstaltung des deutschen Clubs "Germanya". Die Mitglieder scheinen betucht zu sein, denn sie haben sich ein wunderschönes Clubhaus gebaut. Es war sehr nett, aber mit Rücksicht auf meine deutschen Bekannten habe ich keine neuen Damenbekanntschaften gemacht.

Rio de Janeiro 3. Dez. 34
Die Leute sind wirklich aufmerksam. Um uns auch ein wenig von Rios Umgebung zu zeigen, machten sie mit uns eine Autotou von 3 Stunden. Es war eine sehr schöne Fahrt. Abends besuchten wir verschiedene Restaurants, Bars und auch ein Kino. Ich musste mir Mühe geben, wach zu bleiben, aber ein guter Kaffee half dem späterhin wieder ab.

 

Rio de Janeiro 4. Dez. 34
Heute nachmittag 6 Uhr laufen liefen wir aus. Vorher war noch ein Bordfest der gesamten Besatzung. Ich bedauerte sehr, dass niemand mehr an Land durfte, denn gerade heute wollte ich noch ein kleines Andenken von Rio kaufen. Im Gegensatz zu unserer Einfahrt war unsere Ausfahrt wunderbar schön. Es fing gerade an zu dämmern, und die Stadt strahlte schon im Lichterglanz. Die Christusfigur auf dem Corcovado wurde beleuchtet und mutet beeindruckend so wie eine überirdische Erscheinung an. Heute hat keiner Lust, früher schlafen zu gehen. Alle sind noch erfüllt von Rios Eindrücken.

 

In See 5. Dez. 34
Wir laufen Sao Francisco do Sul an. Es ist eine kleine Stadt und hat nur Bedeutung durch seinen Naturhaven. Abteilungen von uns sollen sollen die kleinen Deutschen Kolonien besuchen. Es muss ja interessant sein, so in den dicksten Urwald reinzukommen. Gleich bei"an Land gehen" nahm uns eine deutsche Familie in Empfang. Es war sehr gemütlich. Wir mussten eine Menge von Deutschland erzählen.

 

Sao Francisco do Sul 6. Dez. 34
Die Umgebung ist sehr schön. Ich machte mit einigen Kameraden einen kleinen Ausflug in die Umgebung. Im Gebüsch hben wir dabei manches seltsame Tier und merkwürdige Planzen entdeckt und im Dunkeln die vielen Leuchtkäfer.

 

Sao Francisco do Sul 7. Dez. 34
Ich bummelte ein wenig durch das Städtchen und wollte schon wieder an Bord gehen. Da kommt mir eine kleine Sennorita über den Weg, den Arm voll Rosen. Ich bat um eine und mit einem reizenden Lächeln bekam ich sie auch gleich überreicht. Ein wenig Deutsch sprach sie auch und im nu waren wir angeregt am Plaudern. Ich begleitete sie nach Haus und in kurzer Zeit hatten wir eine dicke Freundschaft geschlossen.

 

Sao Francisco do Sul 8. Dez. 34
Natürlich sahen wir uns heute wieder, denn 'Palmyra' hat scheinbar auch Gefallen an mir gefunden. Sie bewohnt mit ihren Eltern, die sehr deutschfreeundlich sind, ein schönes luftiges Häuschen. Ich fühlte mich sehr wohl im Kreise dieser netten Leute. Ich glaube, es kommt selten vor, dass einer von uns Anschluss an eine brasilianische Familie findet, denn sonst sind die Leute allgemein sehr zugeknöpft.

 

Sao Francisco do Sul 9. Dez. 34
Heute war Hochbetrieb an Bord. Die Deutscchen aus allen Ecken Katharinas waren gekommen, um unser Schiff zu besichtigen. Die meisten hatten noch kein deutsches Schiff gesehen. Ich sah manchen alten Papa, der sich eine Träne abwischte und wohl den Wunsch hatte, noch einmal Deutschland wieder zusehen. Auch wenn sehr viele hier in der zweiten und dritten Generation lebten, so haben sie sich ihr deutsches Volkstum bewahrt.

 

Sao Francisco do Sul 10. Dez. 34
Auch heute kamen noch viele Leute zur Schiffsbesichtigung und zum Kuchenessen, aber die meisten mussten wieder zurück zu ihrer Arbeit. Auch sind in vielen Orten Abordnungen von uns. Meine Palmyra war sehr um mein leibliches Wohl besorgt und fütterte mich mit allerlei heimischen Delikatessen, wie ausgezeichnet schmeckende geröstete Bananen.

 

Sao Francisco do Sul 11. Dez. 34
Das Verhältnis zwischen Palmyra und mir ist ein derart zärtliches geworden, dass sie und ihre Eltern mir allen Ernstes den Vorschlag machten, bei ihnen zu bleiben. Ich vesuchte ihnen klar zu machen, dass ich nicht könne, weilich Soldat sei.Aber ich konnte sie nicht überzeugen. Meine Flucht sollte aufs beste vorbereitet werden, und späterterhin würde es mir an nichts fehlen. Wenn ich bei der Handelsmarine wäre, würde ich ohne weiteres hier bleiben. Palmyra und ihr Vater wollen mich von Ithajahe, unserem nächsten Hafen, abholen. Hoffentlich komme ich mit nach Blumenau, sonst ist es möglich, dass die Familie Regis mich raubt. Es ist schon alles da gewesen und Brasilien hat einen so großen, undurchdringlichen Urwald.

 

Sao Francisco do Sul 12. Dez. 34
Die ersten Abteilungen waren aus den deutschen Dörfern zurück und ganz begeistert durch die Aufnahme und Behandlung durch die dortigen Deutschen. Ich gehörte ganz zur Familie Regis, um den Leuten die llusion zu lassen, tat ich so, als ob ich im nächsten Hafen von Bord ginge. Ehrlich ist es nicht, aber es ist besser für Palmyra und für mich, sonst würde das Mädel noch Dummheiten machen. Ja, die Brasilianerinnen haben das Feuer und Temperament nicht nur in den Augen, sondern sind ganz so, wie sie aussehen.

 

Sao Francisco do Sul 13. Dez. 34
Zum ersten Mal auf der bisherigen Reise war ich heute baden, mit Palmyra. Wir mussten eine halbe Stunde mit dem Wagen fahren und kamen an ein paradiesisches Stückchen Erde, weißer Sand, Palmen, blauer Himmel und Sonne - wunderschön. Wir badeten nackt, denn für uns gibt es keine Geheimnisse, und andere Menschen waren nicht zu erwarten. Ich übertreibe nicht - wir waren wunschlos glücklich.

 

Sao Francisco do Sul 14. Dez. 34
Schwer, sehr schwer war für mich der Abschied von meinem Mädel, wusste ich doch, dass ich sie nicht wiersen würde. Palmyra weinte hemmungslos, obwoh sie nur mit zwei tagen Trennung rechnen musste. Oder ahnte sie, dass es für immer sein würde, denn sie und ihr Vater werden vergeblich im nächsten Hafen auf mich warten..

Heute mittag liefen wir aus und ankerten gegen Mittag vor Atajai. Von hier aus soll eine Abordnung von 250 Mann Blumenau besuchen.

Zwei Stunden nach dem Ankern gingen wir schon von Bord. Mit Autobussen und Privatwagen fuhren wir nach Blumenau, wo uns die dortigen Deutschen einige unvergessliche Tage bereiteten. Schon beim Empfang jubelten die Leute uns zu, als ob wir etwas großes geleistet hätten. Ganz Blumenau war auf den Beinen und alle Häuser hatten geflaggt. Ich bin mit 2 Kameraden in einem schönen Haus etwas außerhalb beim größten Apotheker untergebracht. Ein reichlich gedeckter Abendbrottisch erwartete uns. Unseren Gastgeber , Herrn Geter, hatten wir schon kennen gelernt. Seine Frau und die drei Kinder begrüßten uns freudestrahlend. Abends war die offizielle Begrüßung im Schützenhaus. Städig musste man mit einem Landsmann Chops trinken, das sind kleine Glas Bier.

Blumenau 15. Dez. 34
Beim Frühschoppen im Vereinshaus vom Marineverein wurde unser Kommandant zum Ehrenmitglied ernannt. Natürlich wurde wieder entsprechend getrunken. Man müsste ein Loch im Magen haben, um alles verdauen zu können, was an Essen und Trinken geboten wurde.Abends großer Ball in vier Lokalen. Man konnte nach Wunsch deutsch oder brasilianisch tanzen. Herr Geter machte tapfer mit, obwohl er schon ziemlich in den Jahren ist. Leicht bezecht fuhren wir spät nach Hause.

Blumenau 16. Dez. 34
Die Stunden waren restlos ausgenutzt. Die Freude und Begeisterung der Blumenauer blieb dieselbe wie am ersten Tag, und wir wurden auch mitgerissen. Da zeigt sich erst, was ein deutscher Seemann vertragen kann, die Festtage viel essen und noch mehr trinken, Ausflüge, abends Tanz und fast keinen Schlaf, nachmittags großes Sportfest und Pferderennen. Auch machte ich die tollste Autofahrt meines Lebens. Ein Landsmann, vollkommen betrunken, bestand darauf uns nach Hause zu fahren. Ein Wunder, dass kein Unglück passiert ist. Abends wieder Tanz. Die Damen jeden Abend in einem neuen Kleid und wir sind Kavaliere und erkennen es an. Auch diese Nacht gab es fast keinen Schlaf.

Blumenau 17. Dez. 34
Heute morgen hieß es frisch sein, sollten doch die Deutschen im Landesinneren besucht werden. In kleineren Abteilungen rollten wir im Autobus los. Die Leute im Örtchen Timbo freuten sich schon wochenlang auf unser Kommen. Alle Schulkinder, sowie der Jünglings- und Jungmädchenverein bildeten Spalier. Nach einer feierlichen Begrüßung zogen wir, die Schützenfahne und noch andere voran, zum Schützenhaus, einem luftigen Bretterbau. Wir tanzten nach einem Bandoneon. Der Spießbraten und das Huhn waren sehr zart und lecker. Das Bier schmeckte wie nie. Als unser Filmmann, Oblt. Weingärtner, auftauchte und einige Aufnahmen machte, freuten wir uns wie die Kinder. Wie immer mussten wir auch hier viel von Deutschland erzählen. Nach endlosem Händeschütteln fuhren wir zurück nach Blumenau. Hier wurde weiter gefeiert. Selten war nachts wohl so viel Betrieb auf den Straßen wie diesmal. Um drei Uhr schlug unsere Scheidestunde, und wir fuhren zurück nach Ithajahi. Wir wussten, noch viele schöne Häfen würden wir besuchen, aber würde wohl die Aufnahme derartig herzlich und freudig sein wie gerade in der deutschen Kolonie Blumenau?

 

Ithajahi (Itajai) 18. Dez. 34
Wieder an Bord merkten wir wie doch das Festefeiern anstrengt. Kaum angekommen fielen wir um wie die Fliegen und schliefen fest und traumlos. Als "Rise-Rise" gepfiffen wurde schwammen wir wieder auf offener See, Montevideo entgegen. Jeder freie Moment musste jetzt zum Schlafen genutzt werden, um Kräfte zu sammeln.

 

In See 19. Dez. 34
Da ich ja diesen Monat in die Bäckerei abkommandiert bin, musste ich um drei Uhr wieder aufstehen, denn um sechs Uhr sollten ungefähr 6 - 700 Brötchen gebacken sein. Da hieß es rangeklotzt, war es doch schwer die Augen aufzuhalten.

In den letzten Tagen und Wochen sind derartig viele Eindrücke auf mich eingedrungen, dass es schwer ist, alles recht zu würdigen und ins Tagebuch zu schreiben. 

 

In See 20. Dez. 34
Noch fünf Tage bis Weihnachten, aber kein weihnachtliches Gefühl kommt auf, fehlen doch die Voraussetzungen, Schnee, Eis und vor allem der Weihnachtsbaum.

Das Schießen fand heute statt. Das Floß wurde ausgesetzt, und es zeigte sich nachher, dass wir gut schießen können. Die Scheibe war recht mit' genommen.

Montevideo 21. Dez. 34
Um 10 Uhr liefen wir in Monevideo ein und machten am Kai fest. Es waren viele Deutsche zur Begrüßung gekommen, aber so allmählich wird man das gewöhnt. Gleich bei "An Land" gehen lernten wir ein paar  nette Jungen kennen, die aber auch kein Geld hatten. Wir zogen durch die schlimmsten Kneipen, aber es war nichts. Die Mädels waren zu sehr auf Nepp eingestellt. Montevideo ist nicht Rio und eine schöne Promenade ist nur dort wo die Reichen wohnen.

Montevideo 22. Dez. 34
Heute war großes Bordfest. Das gewohnte Bild. Die Leute drängeln über das Schiff, tun sehr klug und im Grunde verstehen sie nichts. Abends besuchten wir die besseren Lokale. Man kann gut und billig essen. Im "Skala Dancing" wurden wir mit Halloh empfangen. Es gab Freibier für uns , so viel wir wollten.

 

Montevideo 23. Dez. 34
Erst backten wir Weihnachtsstollen, schon seit gestern, für die Besatzungsmitglieder. Dann ging ich wieder zu dem Wirt der "Scal Dancing", mit dem ich sehr gut bekannt geworden bin. Wir machten eine Autofahrt durch und um Montevideo herum.

Ich hätte nicht geglaubt, dass sich Tänzerinnen in mich verlieben würden, aber die erste in der Varietenummer von der "Scala" ist restlos in mich verschossen. Sie ist ein wirklich rassiges Weib. Wir waren den ganzen Abend zusammen, und später beim Variete tanzte sie nur für mich. Ich bin gespannt, wie lange diese Liebe anhält.

Montevideo 24. Dez. 34
Heute ist Heiligabend. Die Kombüse und Bäckerei arbeitete bis spät abends an den Weihnachtsvorbereitungen. Später hatte ich keine Lust mehr an der Weihnachtsfeier unten im Deck teilzunehmen. Ich legte mich irgendwo schlafen, dachte an zu Hause und an Annemarie, ohne aber sentimental zu werden.

 

Montevideo 25. Dez. 34
Meine Freizeit an Land verbrachte ich fast nach einem festen Programm. Nachmittags, wenn ich an Land ging, wurde ich vom Wirt abgeholt zu einer kleinen Fahrt irgendeiner Ecke Montevideos und dann wurden eine Menge Chops genommen. Nach dem Abendbrot in einem guten Lokal fuhren wir zurück zur "Scala". Hier konnte ich tun und lassen, was ich wollte, denn der Wirt musste sich um das Geschäft kümmern. Die so plötzlich aufgeflammte Liebe der Tänzerin Ilona war wieder ziemlich erloschen und bei mir auch, obwohl ich sonst leicht verliebt bin.

 

Montevideo 26. Dez. 34
Was lag näher, als dass wir bei diesem herrlichen Wetter zum Baden fuhren. Zwar verlangt die Polizeivorschrift auch für Herren Badeanzüge mit Röckchen, aber dieses Mal ging es auch so. Abends lernte ich Herrn Brand einen Deutschen aus Wanne- Eickel kennen. Er hatte schon jahrelang nichts mehr von zu Hause gehört und bat mich, nach dem Rechten zu sehen. Ich versprach es ihm gern und werde auch den Brief mit Bildern seiner kleinen Tochter abliefern. Ich bin überzeugt einen Freund gewonnen zu haben, der auch gute Beziehungen zur Regierung hat - wie er sagt. 

 

Montevideo 27. Dez. 34
Statt Bier in der "Skala" zu trinken fuhren wir heute raus zum Ruderklub und tranken dort einen erstklassischen Wein, natürlich durch Vermittlung von Herrn Brand. Die Wirtsleute, auch sehr freundlich und gemütlich, setzten sich zu uns, und nach kurzer Zeit tagte eine fröhliche Tafelrunde. Wir sprachen auch über die Verhältnisse in Uruquay und Deutschland. Immer wieder musste ich hören, keiner wollte nach Deutschland zurück.

Der Leiter der Varietetruppein der Skala wollte mich unbedingt überreden, hier zu bleiben und in seine Truppe einzutreten. Er hatte mich beim Tanzen beobachtet und glaubte, in mir steckt ein gutes Tanztalent.

 

Montevideo 28. Dez. 34
Es war vorgesehen, dass wir bis zum 2. Januar bleiben. Unser Besuch wird aber hier und in unserem nächsten Hafen Puerto monte abgekürzt, damit wir rechzeitig zur Vierhundertjahrfeier in Lima sind. Für 18 Uhr war Seeklar befohlen und Urlaub gab es nur bis halb 5. In dieser Zeit lernte ich den ersten Dortunder kennen und musste ihm alles über seine Heimat erzählen. Nun bedauerte ich, dass ich nicht über Neujahr hier bleiben konnte. Herr Brand und Frau nebst Töchterchen kamen zur Abfahrt des Schiffes, und wir unterhielten uns noch über die Zukunft. Sie hielten getreulich bis zur Abfahrt aus, obwohl sich diese etwas verzögerte. Auf Brand kann ich mich immer verlassen.  

Ich bin froh, Freunde mit guten Beziehungen gewonnen zu haben. Vielleicht können sie mir später sehr nützlich sein.

 

In See 29. Dez. 34
Das Wetter ist weiterhin herrlich und die See nicht sehr bewegt. Drei Tage bis zur Magellanstraße, dann fahren wir nur tagsüber und nachts wird geankert, weil das Wasser zu gefährlich ist.

 

In See 30. Dez. 34
Wir haben erfahren, dass die vierjährige Dienstzeit in Deutschland eingeführt wurde. Am Nachmittag unterschrieb der 33. Jahrgang  den neuen Verpflichtungsschein, wonach wir noch bis september 1937 verpflichtet sind. Eine schöne Neujahrsüberraschung! An allen Backen wird eifrig der Fall besprochen.

Es wurde auffallend kühl und windig. Die See zeigte kleine Schaumköpfe. Es sind die ersten Sendboten von Kap Horn, dem wir aber dieses Mal ein Schnäppchen schlagen und in die Magellanstraße einfahren werden.

 

In See 31. Dez. 34
Es ist augesprochen kalt und stürmisch geworden. Die üblichen Sturmsicherungen, Strecktaue spannen, Panzerblenden vor die Bullaugen u.s.w. wurden getroffen. Unter diesen bewegten Umständen hatte natürlich niemand Lust, besondere Vorbereitungen für die Silveseterfeier zu treffen. Trotzdem unterhielten sich die Jungens ganz gut. Aber es war natürlich alles nicht das Richtige. 

Um 6 Uhr, als sich in Deutschland viele tausend Hände zum Glückwunsch für das neue Jahr fanden, wurde bei uns durch den Schiffssender Glockengeläut und ein Choral übertragen. Ich dachte heute mehr denn je an Annemarie und wie glücklich gewesen sind.

Magellanstraße 1. Jan. 35
Wir sind in der Magellanstraße und haben einige Tage wunderbarer Naturschauspiele vor uns. Das Wetter ist sonnig, die Kälte wurde von uns doppelt emfunden. Als wir uns zur Gedenkfeier für Admiral Graf Spee und seine Helden auf der Schanze versammelten war das Land auf beiden Seiten schon recht nahe gerückt. Der Kommandant versenkte einen einfachen Lorbeerkranz zu Ehren der Kameraden, die bei den Falklandinseln im Kampf für das Vaterland gefallen sind. Der Kranz war dem Kommandanten in Curytiba in Brasilien von den dortigen Siedlern übergeben worden.

Wir fuhren wegen der Gefährlichkeit des Fahrwassers unter verschärftem Verschlusszustand, d.h. Schotten und Bulleys dicht, auf den Scheinwerferständen waren Ausguckposten aufgezogen. Gegen 7.30 Uhr stieg in Punta Arenas, der südlichsten Stadt der Erde, unser Lotse, ein chilenischer Offizier, an Bord. Um 11.30 Uhr passierten wir die südlichste Stelle unserer Reise.

 

Smyth-Canal 2. Jan. 35
Beim Wecken, als ich meine Nase an Oberdeck zeigte, bot sich ein ungewohnter Anblick: Das Fahrwasser ganz schmal und schneebedeckte Berge, wildzerklüftete Felsen! Jeden Augenblick bot sich ein anderes, fesseldes Bild. Am Morgen hatten wir die Magellanstraße verlassen und fuhren nun im Smyth-Canal wieder nordwärts. Abends wurde in einer kleinen Bucht geankert.

 

Smyth-Canal 3. Jan. 35
Bei "Anker Auf" bezog ich den Ausguck auf dem Vormars. Es war zwar sehr luftig,  gab dafür aber auch viel Natur zu sehen. Gegen Mittag durchfuhren wir mit alle Mann auf Verschlussstation die gefährlichste Stelle der Durchfahrt. Die Fahrstraße wurde ganz schmal und machte kurz hintereinander einen rechten Winkel. Es gehörte also viel navigatorisches Talent dazu, unseren langen Kahn hier heil durch zubekommen. Es ging alles gut. Gegen Abend erreichten wir die offene See und waren nun im Golf von Penas. Viele Bilder von wildromantischer Schönheit sind an uns vorübergeglitten. 

 

Golf von Penas 4. Jan. 35
Das Wetter war regnerisch, kalt und neblich. In kurzen Zeitabständen heulte unsere Sirene. Es hörte sich schaurig an. Der Regen und der kalte Wind machten die Einlaufvorbereitungen zu keinem Vergnügen. Nachmittags waren wir schon in der Straße von Corcovado und ankerten. Unser Ziel war erreicht, 2000 sm in 7 Tagen. Bei unserer Ausfahrt von Montevideo zweifeltelten viele daran, dass wir pünktlich in Poerto Montt ankommen würden, aber wir haben es geschafft.

 

Poerto Montt 5. Jan. 35
Poerto Montt wurde von den Deutschen gegründet. Die Häuser sind aus Holz weil es hier 70% des Jahres regnet und Steinhäuser immer feucht wären. Abends war Ball im deutschen Verein. Wie üblich musste man hier viel trinken und wird systematisch zum Säufer ausgebildet. Zwei Schwestern, ausgesprochen deutsche Typen, blond und blauäugig, lernte ich kennen, deren Großeltern aus Deutschland stammten. Obwohl die Mädchen kein Wort deutsch sprachen verstand ich mich aber ganz gut mit ihnen.

 

Poerto Montt 6. Jan. 35
Heute ist Sonntag und unsere Division hatte Wache. Das Schiff war zur allgemeinen Besichtigung frei gegeben und 1500 Besucher erschienen im Laufe des Nachmittags. Die meisten kamen mit kleinen Bumbooten. Ich beobachtete am Fallreep das Gedränge. Der Konkurrenzkampf dort sah manchmal recht böse aus, aber dann löste sich alles wieder in Wohlgefallen auf.

 

Poerto Montt 7. Jan. 35
Es sind wieder einige Abordnungen ins Innere von Chile gefahren. Hier im Ort waren keine Veranstaltungen. Ich hatte eine deutsche Familie Ringler kennen gelernt. Bei Ihnen verbrachte ich den Abend ganz gut. Wir sprachen viel über Deutschland und über Adolf Hitler und vergaßen auch das Trinken nicht, denn Herr Ringler hatte einen guten Wein im Haus.

 

Poerto Montt 8. Jan. 35
Im "Vergnügungsviertel" von Poerto Montt war auch nichts los, aber wenn der Seemann in Fahrt kommt, dann ist bestimmt was los. Im "Kabarett Milan", eine Bretterbude, tanzten wir den Ranchera, dass den Mädels Hören und Sehen verging. Lulu, ein feuriges Geschöpf, hatte es mir angetan. Ich bemühte mich um das Mädel, eigentlich das erste Mal seit langem, und ich hatte  Erfolg. Sie war sehr zärtlich zu mir, und auch mir machte es viel Freude, mit ihr zusammen zu sein.

 

Poerto Montt 9. Jan. 35
Ich hatte Familie Ringler versprochen, den letzten Abend bei ihnen zu verbringen. Ich nahm noch einige Kameraden mit, weil wir deutsche Lieder singen sollten. Andiesem Abend sang ich das erste Wehnachtslied, denn im Wohnzimmer stand noch der geschmückte Weihnachtsbaum, natürlich keine Tanne. Die Kerzen waren bis zu diesem Abend verwahrt worden. So sangen wir bei ihrem Schein "Stille Nacht" und noch andere Lieder. Familie Ringler war zu Tränen gerührt, aber dass in mir irgendwelche rührseligen Gefühle entstanden, kannn ich nicht sagen.

 

Pazivischer Ozean 10. Jan. 35
Wir liefen gleich in der Frühe aus und machten auf See unsere Schießübungen der schweren Artillerie. Es wurde aber mit Abkommmunition geschossen. Die See war ziemlich ruhig und die Schießergebnisse auch ganz gut.

 

Stiller Ozean 11. Jan. 35
Von 6 - 6.20 Uhr durchfuhren wir das Gebiet der Seeschlacht von Coronel. Es wurden 21 Schuss Salut gefeuert und die alte Kriegsflagge im Topp gehisst. Gegen 10 Uhr liefen wir in die Bucht und den chilenischen Kriegshafen Talcahuano ein. Mitten im Hafen lag in Paradeaufstellung ein großer chilenischer Schlachtkreuzer. Auch hier 21 Schuss Landessalut und 13 Schuss für den Hafenkommandanten. Brav erwiderten die Chilenen den Salut und so ist unser Käpten mal zu 13 Schuss Ehrensalut gekommen. Einige kleine Dampfer mit Deutschen begleiteten uns. Im Hafen fuhren wir eine große Kurve und unter Sirenengeheul der kleinen Dampfer strebten wir der offenen See zu, Valparaiso entgegen.

Valparaiso 12. Jan. 35
Gegen 8.30 Uhr liefen wir in den Hafeen von Valparaiso ein. Es wurde 3 mal Sarut geschossen, 21 Schuss Landessalut, 15 Schus sfür den Flottenchef und 13 Schuss für den Stationschef. Viele Deutsche kamen uns entgegen gefahren, und auch der Ruderclub hatte alle seine Boote eingesetzt - es sah hübsch aus. Wir machten an der Mole fest, wo bis zum Morgen ein englischer Kreuzer gelegen hatte. Gemeinsam mit ihm sollten wir eigentlich nach Callao fahren. Neben uns liegen verschiedene Kriegsschiffe und U-Boote auch äterer Bauart. 

Auf einer Autofahrt entdeckten wir die Stadt und die wundervolle, bergige Umgebung. Den Abend verbrachten wir bei der Schlachtermeisterfamilie Allimant, mit der wir die Autofahrt gemacht hatten. Hanni, die Tochter, spielte gut Klavier und ein Herr, den wir auch zuvor schon kennen gelernt hatten, war ein guter Vortragskünstler. Es wurde nicht langweilig.

 

Valparaiso 13. Jan. 35
Umso langweiliger war es aber heute abend. Es war ein Tanzabend im Deutschen Verein "Germanya" vorgesehen. Wir versprachen uns einen unterhaltsamen Abend, aber die Musik kam nicht, und wir konnten nur unsere Glossen machen. Wenn wir an Bord geblieben wären, würde es bestimmt gemütlicher geworden sein.

 

Valparaiso 14. Jan. 35
Heute hatten wir Hafenwache. Am Nachmittag gab es ein aufregendes Ereignis: Unser Puma, den wir in Puerto Montt an Bord bekamen, war ausgekniffen. Nach einer Jagd durch den halben Hafen bekamen wir ihn erst wieder. Es ist noch ein junges Tier, frisch gefangen und sehr wild. Wir wollen ihn auch wieder von Bord geben. Ein deutscher Dampfer soll ihn mitnehmen.

 

Valparaiso 15. Jan. 35
Mit Familie Allimant besuchte ich ein Kino. Es wurde der deutsche Spionagefilm "Die unsichtbare Front" aufgeführt. Wenn Bilder von der Marine gzeigt wurden, klatschten die Chilenen Beifall. Ich musste überhaupt feststellen, dass sich nicht nur die Deutschen über unseren Besuch freuen sondern auch die Einheimischen. Überall wo wir sind, sieht man freundliche Gesichter. Man erzählte mir, dass beim Besuch des englischen Kreuzers "Geeter"fast keine Veranstaltungen gewesen sind. Auch Ein- und Abfahrt geschah ohne irgendwelches Zeremoniell.

 

Valparaiso 16. Jan. 35
Beim Bordfest macht ich als Steward mit. Abends war ich wieder bei Allimants. So langsam enwickelt sich zwischen Hanni und mir eine kleine Liebschaft. Ich will aber doch recht vorsichtig sein, denn die Eltern sind so gut zu mir.

 

Valparaiso 17. Jan. 35
Durch eine Autofahrt ins Landesinnere lernte ich auch etwas von Valparaisos Umgebung kennen. Von einem Berg hatten wir eine wunderbare Aussicht auf die Cordillera, die Alpen Südamerikas. Den Abend verbrachten wir auf einem Gut, dessen Besitzer uns zum Abendbrot eingeladen hatte. Herr Klotz, ein kleiner, gemütlicher Herr, freute sich riesig über unser Kommen. Als wir dann einige schwungvolle Lieder sangen, kannte seine Freude keine Grenzen. Wir sollten unbedingt nochmals wiederkommen.

 

Valparaiso 18. Jan. 35
Heute hatten wir wieder Hafenwache. Der übliche Betrieb. Mama Allimant ließ es sich nicht nehmen, an Bord zu kommen und mir guten Tag zu sagen. Sie brachte einen großen Kuchen mit, der von uns restlos verzehrt wurde.

 

Valparaiso 19. Jan. 35
Schon früh nachmittags fuhren wir wieder zum Gut von Herrn Klotz hinaus. Er zeigte uns sein vorbildlich gepflegtes Grundstück. Wie zuvor aßen wir gut und viel und tranken noch mehr Bier. Ich werde wohl eine Entfettungskur machen müssen, wenn ich wieder nach Deutschland komme. Es vergeht kein Abend an dem man nicht eine Spritwolke vor sich her schiebt.

 

Valparaiso 20. Jan. 35
Den letzten Abend wollte ich wieder bei den Allimants verbringen, aber ich wurde abgeteilt zu einem Preisschießen in Villa Alleman teilzunehmen. Wir schossen mit Karabinern und deutscher Munition. Nach dem Wettbewerb, bei dem ich als letzter abschnitt, konnten wir so viel schießen wie wir wollten, auf Munition kam es in Chile nicht an, und wir ballerten, dass es eine Freude war. Natürlich wurde auch hier ganz wüst getrunken. Mittagessen bei deutschen Familien und dann 2 Stunden Mittagschlaf, den wir wirklich nötig hatten. Der Leiter der deutschen Schule bewirtete uns wirklich sehr gut. Als dann Tanzmusik gemacht wurde und wir uns mit den Schönen von Villa Alleman drehten, war wieder einmal alle Müdigkeit vergessen. Als wir in den Zug stiegen, der uns nach Valparadiso zurück bringen sollte, war fast ganz Villa Alleman auf den Beinen.

 

 

Valparaiso 21. Jan. 35

Heute früh 8 Uhr waren wir seeklar. Mit 3 "Hurrahs" auf Chile und seine Flotte verließen wir die Gastliche Stadt. Alle chilenischen Kriegsschiffe hatten ihre Besatzungen zur Parade aufgestellt, und nacheinander antworteten sie mit 3 "Hipp Hipp-Hurrahs". Es sah großartig aus. Das alles gab es bei der Ausfahrt der englischen "Geeter" nicht. Eigentlich eine merkwürdige Sache.

Der Dienst war heute besonders streng, damit uns die Flausen wieder aus dem Kopf gehen. Die Dünung war sehr stark, aber es machte mir nichts mehr aus, obwohl ich noch immer einem im Tee habe.

 

Stiller Ozean 22. Jan. 35
Die stake Dünung hielt an und es war wie im Atlantik. Fast alle Divisionen machten Divisionsdienst, denn in einigen Wochen ist große Besichtigung durch den Kommandanten.

 

Stiller Ozean 23. Jan. 35
Heute machte der Stille Ozean seinem Namen alle Ehre, denn das Wasser war zeitweilig spiegelglatt. Ab und zu sah man eine Hairückenflosse oder wie ein Wal beim Auftauchen eine hohe Wassersäule ausstieß.

Stiller Ozean 24. Jan. 35
Wir haben einen Toten an Bord. Nicht durch einen Unglücksfall, sondern durch schwere Krankheit ist unser Kamerad dahin gegangen von wo es keine Wiederkehr gibt. Mitten in den Vorbereitungen zum Einlaufen wurde "Alle Mann Achteraus" gepfiffen. Unser Kommandant machte uns mit dem Ableben des Obergefreiten Herrmann Klingen bekannt. Er war Dortmunder, also ein Landsmann von mir. Bis jetzt hat jede Reise der "Karlsruhe" ein Menschenleben gekostet, und hoffentlich ist es "der" Tote dieser Reise. Trotz der Arbeit bemüht sich jeder, ruhig zu sein und unseren Toten in seiner letzten Ruhe nicht zu stören. Die Stimmung ist an diesem Tage recht niedergedrückt, wie man sich denken kann. Es ist uns doch einmal wieder vor Augen geführt worden, wie nahe uns der Tod ist. Um 10.30 Uhr liefen wir in Callao ein und ankerten einige hundert Meter von der Geeter entfernt.

 

Callao 25. Jan. 35
Heute wurde unser Tote mit allen millitärischen Ehren auf dem Europäerfriedhof in Bellavista, nahe bei Collao, beigesetzt. Drei Ehrensalven waren der letzte Gruß an ihn.

Calloa selbst ist unbedeutend und hat sehr schmutzige Straßen. Lima kann man mit der Straßenbahn, die mit Schnellzuggeschwindigkeit fährt, in 20 Minuten erreichen. Es war dunkel als wir ankamen und die zur 4000-Jahrfeier beleuchteten großen Gebäude sahen. Im deutschen Club "Germania" trinkt man ein gutes Glas Bier.Man traf recht wenig Deutsche, nicht so, wie man es eigentlich von den letzten Häfen her gewohnt war.

Callao 26. Jan. 35
Heute wurde oft Salut geschossenUnter anderen hohen Persönlichkeiten besuchte uns auch der Kommandant der "Geeters". Mit dessen Besatzungsangehörigen konnten wir uns ausgezeichnet verstehen. Sie sind gute Freunde, warum sollte es anders sein? Doch auf höheren Befehl müssten wir aufeinander schießen und uns vielleicht töten.

 

Callao-Lima 27. Jan. 35
Die Bahnverbindungen sind sehr gut, trotzdrm dauert es eine halbe Stunde bis man in Lima und eine Stunde bis man in Miraflores ist. Hier wohnen die reichen Leute von Peru. Im dortigen deutschen Verein verbrachten wir einen gemütlichen Nachmittag und Abend.

 

Callao-Lima 28. Jan. 35
Im deutschen Club in Lima war großer Tanzabend und es gab Freibier. Es war müde, sowohl die Musik wie auch die anwesenden deutschen Frauen. Erwin und ich hielten uns an das Bier bis wir leichte Schlagseite hatten. Er ist mein neuer Bekannter, kommt aus Hamburg und ist schon lange in Südamerika. Seine Mutter hat ein großes Gut oben in den Cordilleren. Später kamen einige peruanische Frauen, rassige Kinder, sehr hübsch angezogen. Das war schon eher etwas. Sennorita Rosa konnte auf deutsch nur:"meine liebe Schatz", aber das genügte zum guten Verstehen.

 

Callao-Lima 29. Jan. 35
Mit Erwin und Helmut, sein Freund ein Sachse, trank ich erst mal an Bord ein kerniges Glas deutsches Bier. Die Folge war, weil unser Bier viel stärker ist, dass die Jungen rasch vergnügt wurden. 

Ordentliche Tanzlokale, so wie wir sie in Deutschland haben, gibt es hier nicht. Sie tanzen zu Hause, im Club oder es sind billige Bumslokale. In so einem Laden waren wir den Abend. Auffallend waren die vielen deutsch sprechenden "Damen", die dem Akzent nach aus Deutschlands Osten stammen.

 

Callao-Lima 30. Jan. 35
Es waren alle Vorbereitungen getroffen worden, um eine Menge Besucher an Bord zu Empfangen. Aber es kamen nur wenige. Mag sein, dass wir so weit draußen liegen und die Dünung so stark ist. Abends übernahmen wir Öl von unserem Ölschiff "Hansa", was auch wegen der Dünung schwierig war.

 

Callao-Lima 31. Jan. 35
Eine größere Abteilung von uns machte heute mit einem Sonderzug eine Fahrt in die Hochkordillere. Interessant die Bergkolosse von der Nähe zu bestaunen, auch die Vielen Brücken und Tunel der Bergbahn, die uns auf 3000 m brachte. In Rio Blanco, unserer Endstation, konnten wir einen kurzen Blick in das Leben der Einwohner tun. Es ist, bei der Kargheit des Bodens, schwer, ärmlich und anspruchslos.

Callao-Lima 1. Feb. 35
Mit Erwin besichte ich den Strand, die Pochitos, die einzige Badegelegenheit in dieser Gegend, da sonst überall Haie zu befürchten sind. Als wir gemütlich im Sand lagen, erzählte Erwin mir das Leben in Peru und den Unterschied zu Deutschland.

 

Callao-Lima 2. Feb. 35
Gegen 12 Uhr lief der engliche Kreuzer Geeter aus. Viele Abschiedssignale wurden gewechselt. Im deutschen Verein war ein kleiner Tanzabend vorgesehen. Über die Frauen amüsierte ich mich im Stillen. Scheinbar dachten sie, die Gelegenheit richtig auszunützen und einen Seemann im Arm zu haben. In einigen Tagen läuft Hein Seemann aus und kann nicht mehr aus der Schule plaudern. 

 

Callao-Lima 3. Feb. 35
Die peruanische "Gesellschaft" wurde heute an Bord empfangen. Manche Leute benahmen sich unglaublich. Über alles Angebotene, ganz gleich ob Gebäck, Sandwiches, Zigaretten oder Getränke, fielen sie im wahrsten Sinne des Wortes her. Scheinbar wollten sie die seltene Gelegenheit reichlich ausnutzen, sich auf deutsche Staatskosten vollzufressen.

 

Callao-Lima 4. Feb. 35
Das Koloniefest, das unsertwegen in Miraflores veranstaltet wurde, war eine große Sache. Alles, was Namen und Rang hatte, nahm teil. Es wurden wieder viele Freundschaften geschlossen. Das Fest hätte nur zu Anfang unseres Besuchs sein müssen, so sind diese Bekanntschaften nur von kurzer Dauer, denn in zwei Tagen laufen wir schon wieder aus.

 

Callao-Lima 5. Feb. 35
Heute war Bordfest für die Deutschen Limas. Morgens kam der Staatspräsident von Peru an Bord. Ihm zu Ehren war über die Toppen geflagt worden, die Divisionen angetreten und bei Anbord- und Vonbordgehen wurden 63 Schuss Salut gefeuert. Abends feierte ich mit Erwin und seinem Mädel Abschied. Der Junge ist ein lieber Kerl. Ich werde ihm auch schreiben.

 

Callao-Stiller Ozean 6. Feb. 35
Morgens um 8 Uhr liefen wir aus. Oft kreuzten unseren Weg riesige Schwärme von Pinguinen, Wildenten und anderen Wasservögeln.

 

Stiller Ozean 7. Feb. 35
Der heutige Tag wurde mit Abkommschießen der leichten und mittleren Artillerie ausgefüllt. Beim Tag- sowie beim Nachtschießen wurden gute Treffergebnisse erzielt. Vor San Pedro bei San Franzisko soll dann das Kaliberschießen stattfinden. Da kann sich erst zeigen, ob wir schießen können. Da wir zeitweise still liegen, zeigen sich auffallend viele Haie, die hungrich um das Schiff kreisen.

 

Golf von Guayaquil 8. Feb. 35
Schon seit früh waren wir dicht unter Land. Große Schwärme von einer Art Pinguinen lassen den Vogelreichtum hier von Equador erahnen. Gegen 2 Uhr nachmittags scheert ganz dicht der Hapagdampfer "Spreewald" an uns vorbei. Wir stoppen, und eifriges Winken lässt die Freude hüben und drüben erkennen.

 

Golf von Guayaquil 9. Feb. 35
Seit zwei Tagen ist es wieder so warm geworden, dass Sportzeug befohlen ist. Es ist heute das zweite Mal, dass ich den Äquator, die Linie, passierte. Ich beobachtete den Mond. Die Sichel ist genauu anders herum als bei uns in Europa und er versinkt so schnell im Meer, dass man zusehen kann.

 

Stiller Ozean 10. Feb. 35
Seit langem sind wir wieder einen Sonntag auf See. Nach dem kurzen Reinschiff war die Ruhe doch sehr schön. Nur in regelmäßiigen Abständen wurde die neue Wache gepfiffen. Ich las heute sehr viel, um mal auf ander Gedanken zu kommen.

 

Buenaventura 11. Feb. 35
Buenaventura liegt landschaftlich sehr schön, umgeben von immergrünem Urwald. Wir ankern auf dem Buenaventura-Fluss. Buenaventura ist ein trostloses Nest, noch schlimmer als Ponta Delgada. Hier gibt es fast nur Bretterbuden, Pfahlbauten, von Negern bewohnt und Wege, auf denen man bis zu den Knöcheln im Schlamm versinkt. Es regnet hier fast immer, deshalb ist das Klima sehr feucht und ungesund. Unser Hiersein erklärt sich dadurch, dass eine starke Abordnung nach Kali und Bogota geschickt wird. Für die zurückbleibenden stehen ein paar langweilige Tage in Aussicht.

 

Buenaventura 12. Feb. 35
Den einzigen Vorteil, den das Pfahldorf bietet ist, dass man sehr billig Obst, Bananen, Ananas und Apfelsinen kaufen kann. Es regnet fortwährend, nur ab und zu hört es für kurze Zeit auf.

 

Buenaventura 13. Feb. 35
Die paar Deutschen, die sich eingefunden haben, leben als Gäste der deutschen Regierung einen guten Tag. Kleinere Abteilungen von uns machten mit den Booten Ausflüge in den Urwald, aber ein richtiges Streifen durch das Dickicht ist es auch nicht, denn bis weit ins Wasser hinein stehen die undurchdringlichen Mangroven und das Land ist versumpft.

 

Buenaventura 14. Feb. 35
Mit unserem Zugleutnant machten wir trotz alledem noch einen Kutterausflug. Wir pullten eine ganze Strecke den Fluss hinaufund auf gut Glück in verschiedene Gänge hinein. Die einzigen Lebewesen waren goße, bunte Krebse, die sich auf den Mongroven in Sicherheit brachten. Wir folgten einer Rauchfahne und entdeckten einen Köhler, ein uralter bärtiger Knabe und seine Familie, alles Neger. Sie machten große Augen, als wir mit Sporthose und Stiefeln bekleidet an Land sprangen. Weiter im Land fanden wir ein wildes Ananasfeld und kehrten mit Früchten beladen zum Boot zurück.

 

Buenaventura 15. Feb. 35
Dass wir morgen auslaufen werden, erweckt keine bedauernde Gefühle in mir. Ich bin froh morgen wieder in See zu sein. Den Ausflüglern nach Kali und Bogota hat es gut gefallen, denn es sind ja schließlich große Städte.

 

Stiller Ozean 16. Feb. 35
Die Offiziere feiern am Abend Bergfest, d.h. die Hälfte der Reise ist nun um. Hein Seemann hat kein Geld mehr und kann deshalb auch kein Fest feiern.Vielleicht wird es am 20. noch nachgeolt, dann gibt es Kantinengeld.

 

Stiller Ozean 17. Feb. 35
Wir haben einen langen Seetörn vor uns, etwa 12 - 14 Tage, aber dann kommt San Franzisko, eine Weltstadt. Inzwischen fahren wir in gerader Linie den schmalen Landstreifen, der Süd- und Nordamerika verbindet hinauf, vorbei an Costa Rica, Nicaragua, Honduras, Guatemala und Mexico.

 

Stiller Ozean 18. Feb. 35
Der Ozean ist wieder glatt und blau wie ein Teich. Solche Tage auf See vergehen wie nichts. Wenn man sie nicht festhielte, könnte man sich nach kurzer Zeit nicht mehr daran erinnern. Dazu kommt noch der ziemlich gleichförmige Dienst.

 

Stiller Ozean 19. Feb. 35
Scheibar will sich der stille Ozean auch mal von seiner anderen Seite zeigen. Das Barometer fällt und es bilden sich Schaumkronen. Wir nähern uns der Bucht vonTehuantepec.Unser Eimer schaukelt schon ziemlich stark. Seit Buenaventura begleitet uns ein großer Vogel. Meistens sitzt er irgendwo im Fockmast und fliegt ab und zu eine Runde ums Schiff.

 

Golf von Tehuantepec 20. Feb. 35
Es ist Sturm. Wennn der Bug sich durch die Wellen gräbt, hebt und senkt sich auch die Hängematte. Glaubte ich immer haushohe Wellen wären eine Übertreing,  aber hier sah ich sie und welche Gewalt sie haben! Es gab wieder eine Reihe eekranker, die lieber tot als lebendig sein wollten. Gegen Abend flaute der Wind plötzlich ab. Nachts konnten wir sogar wieder an Oberdeck schlafen, als wenn nichts gewesen wäre.

 

Stiller Ozean 21. Feb. 35
Obwohl wir dicht unter Land fahrern, ist unser treuer Begleiter immer noch da, eine Sturmmöve, wir jetzt wissen. Der Ozean ist wieder ruhig. Die Gefechtsübung, die gestern geplant war, stieg heute. Der Kommandant war mit unserem Geschütz sehr zufrieden. Wenn ordentlich Rabatz gemacht wird, hat man schon halb gewonnen.

 

Golf von Kalifornien 22. Feb. 35
Zuerst sah es so aus, als wollte sich das Wetter von vorgestern wiederholen, aber es wurde nicht ganz so schlimm.

 

Stiller Ozean 23. Feb. 35
Den Golf von Kalifornien haben wir nun passiert und seit 10 Uhr fahren wir wieder unter Land. Gegenüber zu Hause haben wir nun einen Zeitunterschied von 9 Stunden. Es entspricht der Normalzeit von San Franzisko. Ich beobachte den Sternenhimmel und finde, dass der nordische Himmel auch seine Schönheiten hat.

 

Stiller Ozean 24. Feb. 35
Gestern trugen wir noch Sportzeug und heute Arbeitsanzug und Jumper. So rasch hat es sich abgekühlt. Dieser dritte Sonntag in See wird schon etwas langweilig, denn man weiß nichts mit der Freizeit anzufangen.

 

Stiller Ozean 25. Feb. 35
Schon von frühan wurde überall Reinschiff gemacht, kommen wir doch nach San Pedro, dem Hauptstützpunkt der amerikanischen Flotte. Da soll unser Schiff den vielen fachkundigen Blicken ein einwandfreies Äußeres bieten. Das Arbeiten mit Pütz und Feudel war bei der Kälte keine Freude, vor allem nicht, wenn noch dazu von den Vorgesetzten großartige Redensarten geführt wurden. Es war immer der selbe Rees, der geschwungen wurde. Das ging langsam auf den Wecker.

 

San Pedro 26. Feb. 35
Jeder wollte als erster die amerikanischen Kreuzer und Schlachtschiffe sehen. Wegen des hartnäckigem Nebels sahen wir die Kolosse erst beim Einlaufen in den Hafen. Sie liegen ziemlich weit auseinander gezogen vor Anker.

Es war für uns ein ungewohnter und großartiger Anblick wie die Wuchtigen Schiffe eines nach dem anderen aus dem Nebel auftauchten. Auffallend sind bei allen Schiffen die außerordentlich stark betonten Gefechtstürme, sowie die vielen Kräne für Boote und Flugzeuge.      Unser Kommandant fuhr ein schneidiges Anlegemanöver fast wie mit einem Torpedoboot.

Hollywod und Los Angeles sind mit dem Auto gut zu erreichen. Kaum an Land, saßen wir schon im Auto mit Fahrer und fuhren nach Hollywood. Hier merkte man nichts von seinem Ruf als Filmzentrum. Die Studios liegen alle außerhalb. Unser Fahrer ist geborener Hamburger und Porträtmaler der Filmstars. Er hat ein hübsches Häuschen und eine hübsche Frau. Abends im bayrischen Hofbräuhaus wusste er sehr fesselnd über Amerika und Hollywood zu erzählen. Was der Durchschnittsamerikaner über Hitler wisse sei niederschmetternd. Für ihn sei er der größte Verbrecher des Jahrhunderts. Alles Erfolge der jüdischen Hetzpropaganda. 

San Pedro - In See 27. Feb. 35
Gestern ist unser Boot schon zum Kaliberschießen klar gemacht worden. Die Scheibe ist uns von der amerikanischen Marine zur Verfügung gestellt worden. Ich finde das sehr vorurteilslos. Schon früh, gegen 6 Uhr fuhren wir aus. Spät in der Nacht liefen wir in San Pedro ein und machten an der Pier fest.

San Pedro 28. Feb. 35
Am Morgen wurde unser Schiff außenbords gemalt, denn in San Franzisco wollen wir doch, wie immer, einen guten Eindruck machen. 

An Land fuhren wir dieses Mal mit dem Repräsitationswagen eines Millionärs nach Los Angeles. Wir kamen in eine Dancing- Hal, ein goßer Saal mit spiegelglattem Parkett und einer erstklassigen Tanzkapelle. Eine Reihe hübscher, rassiger Frauen wartete darauf, für ein 10 ct.-Ticket zum Tanz geholt zu werden. Die Kapelle spielte ununterbrochen, und wenn mann nicht acht gab, hatte man schnell einen Dollar vertanzt. In einem Kellerlokal sahen wir danach eine Negerrevue mit echter Jazzmusik, eine unüberhörbare Konzentration von Rythmus.

Stiller Ozean 1. März 35
Um 6 Uhr war seeklar befohlen, aber der dichte Nebel verhinderte das Auslaufen. Einige Stunden später lichtete er sich etwas und ein vorsichtiges Manöverieren war möglich. Später wurden die Vorbereitungen zum Einlaufen in Los Angeles gtroffen.

San Francisco 2. März 35
Schon von weitem konnte man das "Golden Gate", das goldene Tor Kaliforniens erkennen. Eine große Hängebrücke ist im Bau. In dem großen Gefängnis auf einer Insel in der Bai sitzt Al Capone gerade seine Zeit ab. Kurz nach dem Anlegen wurde der Käpte nund eine starke Abteilung von uns von dem Bürgermeister und allen Ordensträgern der Stadt San Francisco begrüßt. Wir musste so stark auftreten, weil es sonst keinen Endruck gemacht hätte. Der Empfang war mit allem amerikanischen Tamtam aufgezogen.

Mit Ilse Weber, einem deutschen Mädel, machte ich am Nachmittag einen netten Spaziergang durch den Golden Gate Park. Im Deutschen Haus fand mit den üblichen Reden der Begrüßungsabend statt. Ich verdrückte mich bald, um oben im Saal zu tanzen. Die amerikanischen Girls sind ganz versessen darauf, mit uns zu flirten. Zum Schluss machten wir mit einer lustigen Gesellschaft noch eine Nachtfahrt.

San Francisco 3. März 35
Dieser este offizielle Besuchstag in Nordamerika übertraf alle Erwartungen. Die Polizeitruppe, die uns zur Verfügung gestellt worden war, hatte alle Hände voll zu tun, um den Verkehr einigermaßen zu regeln. Tausende standen noch draußen, die nicht mehr an Bord konnten. Aber auf den Straßen wurde uns Seeleuten auch "German Bandits" nachgerufen.

 

San Francisco 4. März 35
Betty und Elsie, zwei Studentinnen, besuchten mich an Bord. Ich hatte sie am ersten Abend im Deutschen Haus kennen gelernt. Wir machten in der Car von Betty erst ein Spazierfahrt und waren später im Heim von Elsie sehr vergnügt. Die Mama war im Theater, wir hatten das Reich für uns und tanzten, rauchten und tranken.

 

San Francisco 5. März 35
In einer Reihe großer Autobusse, die uns von einem reichen Deutschen zur Verfügung gestellt worden waren, machte eine starke Abteilung eine großangelegte Rundfahrt um San Francisco. Die Umgebung ist wunderbar... Naturpark... Skyline... Aquarium... wissenschaftliche Institut... 

Eigentlich wollten wir zum Tanzabend ins deutsche Haus, wo Betty und Elsie mich erwarteten, doch Ilse hatte so ein festliches Abendessen bereitet, dass wir bei ihr blieben und uns anschließend mit Gesellschaftsspielen harmlos-heiter unterhielten.

 

San Francisco 6. März 35
Ilse ließ es sich nicht nehhmen Alfred Neumann und mich zum Abendbrot abzuholen. Anschließend gingen wir noch ins deutsche Haus zum Tanz. Eine ausgezeichnete Varietetruppe brachte Abwechslung ins Programm. Es war alles getan worden, um unseren Aufenthalt in der Stadt so angenehm wie möglich zumachen. In allen deutschen Häusern  können wir zu jeder Tageszeit frei Essen und Trinken bekommen.

 

San Francisco 7. März 35
Heute haben wir wieder Hafenwache, aber man empfindet das nicht so, weil alle Bekannten an Bord kommen. Steht man nicht gerade Posten, so setzt man sich gemütlich an die Back und schwingt einen kleinen Rees. Viele haben ja Ansichten, über die zu streiten wäre, aber wenn wir erzählen, wie es in Deutschland aussieht, so werden sie still, hören zu und lassen sich überzeugen. Als Deutsche wollen sie im Grunde nur das Beste für Deutschland.

 

San Francisco 8. März 35
Um Oaland als Stadt auch zu ihrem Recht kommen zu lassen, wurde eine größere Abteilung rübergeschickt. Dem offiziellen Empfang schloss sich ein sehr gutes Frühstück an. Ich hatte ein nettes junges Ehepaar kennen gelernt und verbrachte mit ihnen einen schoönen Tag. Statt der vorgesehenen Autorundfahrt fuhr ich privat mit ihnen. Die lebenslustige Frau und unser Wortgeplänkel endete bei einigen Drinks in ihrem schönen Haus in einer gehobenen Stimmung und fuhren zum Hotel Oakland.

Abends beim Bankett wurden lange Reden gehalten. Aber auch die längste Rede dauert nich ewig, und bald drehten wir uns nach der Musik einer guten Tanzkapelle. Auch wurde ich u.a. dem Bürgermeister und der Fechterin Helene Mayer vorgestellt, die in Berkeley studiert. Ich verabredete mich wieder mit Liesel und ihrem Mann für kommenden Sonntag.

 

San Francisco 9. März 35
Eigentlich wollte ich Andenken aus Chinatown und ein paar Schallplatten kaufen, dazu kam es aber nicht. In einer Bar kamen wir in eine lustige Gesellschaft und danach waren die Geschäfte geschlossen. Im deutschen Haus veranstaltete der Gesangverein "Harmonie"ein Narrenfest. Davon sah ich aber nicht viel, denn denn eine Amerikanerin nahm mich, anders kann man es nicht nennen, in ihren Wagen und fuhr mit mir irgendwo hin. Glücklicherweise war das Mädchen so vernünftig, mich rechtzeitig an Bord zu bringen.

 

San Francisco - Oakland 10. März 35
Schon früh wollte ich nach Oakland rüber zu Liesel, aber es klappte nicht. Als der dicke Krause und ich dann verspätet eintrafen, war die Freude groß. Dieser Tag wurde genau so wnig langweilig wie der Tag zuvor. Liesels Mann war auf Geschäftreiese, deshalb flanierten wir drei im Park. Im Pionier-Haus trank ich mit jedem Brüderschaft. Meinem Schutzengel habe ich zu verdanken, dass ich volltrunken an Bord gekommen bin, ohne aufzufllen. 

 

San Francisco - Oakland 11. März 35
Ein Tag vor dem Auslaufen und dann Wache! Dazu kam noch der Moralische vom Vorabend, denn Liesel hatte sich von mir doch mehr erwartet, aber sie kam noch einmal, um mir Lebewohl zu sagen. Lächelnd warnte sie mich, noch einmal so viel zu trinken. Die Besucher des Bordfestes waren enttäuscht, denn es gab statt des erwarteten deutsche Biers nur den üblichen Teepunsch. Im Kanackerhafen gibt es deutsches Bier und deutsche Zigaretten und hier, wo ein guter Eindruck wertvoller ist, unterbleibt das alles.

 

San Francisco - Oakland 12. März 35
Um 9 Uhr legten wir ab, begeitet von den besten Wünschen der Deutschen San Franciscos. einFlugzeug der Armee, ein kleines Luftschiff der Navy, sowie ein Zerstörer begleitetn uns eine Weile. Bald sahen wir nur noch die Küste des goldenem Staates Kalifornien, in deren Hauptstadt wir einige sehr schöne Tage verlebt haben.

 

Pacific 13. März 35
Die Dünung ist sehr stark. Ein jeder balanciert seinen Teller oder seine Tasse, um nicht alles über die Back gehen zu sehen. Der Dient ist außerordentlichstreng. Das übliche Mittel, uns die Hafentage aus den Knochen zu treiben.

 

Pacific 14. März 35
Je mehr wir nordwärts kommen, desto kälter wird es. Das ganze Schiff, vom Kommandanten angefangen, ist erkältet. Gegen Mittag fuhren wir in die Juan Strait ein, die nach Vancouver führt. In Höhe von Viktoria wurde Salut geschossen und die englische Flagge gesetzt. Gegen 9 Uhr gingen wir vor Anker.

 

Strait of Georgia - Vancouver 15. März 35
Es wehte ein bitterkalter Wind und es wurde eine Menge geflucht, wenn die Finger steif wurden. Aber Reinschiff musste gemacht werden. Die Landschaft ist wunderschön... Sehr nahe unter Land gingen wir vor Anker. Auf der riesigen Pier und einer Hochbrücke war es schwarzvon Menschen. Zuerst glaubten wir, es wären Neugeirige. Später erzählten uns die Deutschen, die schon an Bord gekommen waren, es seien Kommunisten, die einen Demostrationszug machen wollten. Auch die abendliche Feier für uns sollte gestört werden. Heute haben wir Wache, aber morgen werde ich schon sehen, ob etwas Wahres an dieser Deutschfeindlichkeit ist. 

 

 

Vancouver 16. März 35

Kühl, sehr kühl war der Blick, mit dem uns der Arbeiter oder Arbeitslose betrachtete, aber kein Schimpfword fiel. Wir gaben den Leuten auch keinen Grund, denn in solchen Fällen kann sich Hein Seemann mächtig zusammenreißen. Einzig die Schweden und Norweger waren freundlich zu uns. Ein Schwede lud mich zu einem Glas Bier und später zu einem schwedischen Tanzabend ein. Hier sind alle Nationen für sich, und alle tanzen gern neben amerikanischem Foxtrott und Waltz ihre Nationaltänze. Punkt 12 Uhr ist überall Schuss mit Tanz. Die Kapelle spielt "God save the King", und alle gehen nach Haus. 

 

Vancouver 17. März 35
Eine kommunistische Zeitung schrieb: "The German Cruizer Karlsruhe must go out". Das Ergebniswar, am Nachmittag wollten 25000 Menschen unseren Kreuzer sehen. Ich selbst machte zu dieser Zeit eine Autofahrt in die Berge... Bilder von unvergesslicher Schönheit... Nach vierstündiger Autofaht und Abendbrot im Sailor-Institut fuhren die Kameraden rüber nach Vancouver City. Auf Einladung eines deutschen Mädels machten wir es uns bei ihr zu Hause recht gemütlich. Es gefiel mir so entschieden besser als im Seemannsheim.

 

Vancouver 18. März 35
Der Besucherandrang war groß wie am Vortag. Das Publikum war auch entschieden freundlicher geworden. Scheinbar hat unsere Besatzung einen guten Eindruck gemacht. Marie, meine Bekanntschaft von Gestern kam von Nord herüber. Wir gingen spazieren, aber leider musste sie schon wieder früh nach Hause. Abends besuchte ich den Tanzabend der Schotten, die in der Viktory-Hall ihren St. Patrik Day feierten. Ich amüsierte mich über ihre Tänze, ihre karierten Röckchen, Gamaschen und Stöckchen. Auch hier war u 12 Uhr Schluss.

 

Vancouver 19. März 35
Wegender Kälte und des Windes wurde unser Bordfest, das sonst auf der Hütte und Schanze stattfindet, ins Zwischendeck verlegt. Da unsere Division Hafenwache hatte, konnte ich an dem gemülichen Gedränge nicht teilnehmen.

 

Vancouver 20. März 35
Manchmal kommt mir das Leben vor wie ein Narrenspiel: - eine mehrseitige Liebeserklärung an Else

 

Vancouver 21. März 35
Unumstößlich stand unsere Abfahrt fest. Der Soldat muss sich von allem trennen können, das Herz wird nicht gefragt.

Aber eine Viertelstunde durfte ich noch mit Else zusammen sein, bis mich der "Alle Mann an Bord" Pfiff unerbittlich von meinem Mädel trennte. Mit tränen in den Augen gaben wir uns den Abschiedskuss. Else sah uns nach, bis wir zurück in die Georgiastraße einfuhren.

Wie die Kameraden erzählten, hatten die Kommunisten für uns einen Ball veranstaltet. Sie taten alles, um uns den Abend so recht abwechslungsreich und schön zu gestalten. So sehr haben sie ihre Meinung geändert. Ich glaube, dass wir dieses als einen großen Erfolg verbuchen können.

 

Pacific 23. März 35

Acopulco (Mexiko) 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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